• Fachbeitrag

Die Nachhaltigkeit ist hier kein Label, sondern hat hier ein System

In der Diskussion um textile Nachhaltigkeit geraten einfache Wahrheiten leicht in den Hintergrund. Eine davon lautet: Ein Kleidungsstück, das ein Jahr länger getragen wird, spart rund 30 Prozent der Ressourcen, die für ein neues Modell nötig wären. Diese Erkenntnis steht am Anfang vieler Entscheidungen, die bei Blåkläder getroffen werden. Kleidung entsteht hier nicht für Schaufenster, sondern für rauen Alltag – entwickelt für das, was draußen zählt. Ein Blick in die Nachhaltigkeitsstrategie des schwedischen Unternehmens.

Fotos: Blåkläder

Die Unternehmensphilosophie von Blåkläder im Fokus

Entscheidend ist, dass diese Philosophie nicht am Reißbrett endet. Verstärkte Zonen, Stoffe mit hoher Scheuerfestigkeit, dreifach vernähte Belastungspunkte – das sind keine Design-Details, sondern Voraussetzungen dafür, dass Arbeitskleidung ihren Zweck dauerhaft erfüllt. Auch eine Naht ist dabei mehr als ein technisches Detail. Sie steht für ein Versprechen. Deshalb greift, wenn sie doch einmal aufgehen sollte, eine lebenslange Naht-Garantie.

Technologie, die Ressourcen spart
Die Debatte um nachhaltige Materialien wird häufig entlang von Labels geführt. Doch ein recyceltes Garn nützt wenig, wenn es früher reißt als ein konventionelles. In der Praxis zählen Lebensdauer, Funktionalität und Verlässlichkeit. Deshalb werden neue Materialien bei uns nur dann eingesetzt, wenn sie den Anforderungen im Alltag gewachsen sind. Erst wenn Labor und Baustelle dieselbe Sprache sprechen, beginnt die Umstellung. Anders sieht es bei Verfahren aus, die ohne Kompromisse wirken. Die Umstellung auf spinngefärbten Polyester ist ein Beispiel dafür. Über 400 Produkte wurden bereits umgestellt. Der Farbstoff wird dabei nicht auf, sondern in die Faser gebracht – was Färbebäder überflüssig macht. Im Ergebnis: über 43 Millionen Liter Wasser und rund 350 Tonnen CO2-Einsparung im Jahr 2023. Ein Effekt, der sich bei jedem produzierten Kleidungsstück wiederholt. Dass diese Veränderung nicht abstrakt bleibt, zeigt sich unter anderem in der Logistikbranche. Zahlreiche Kunden im deutschsprachigen Raum haben Teile ihres High-Visibility-Sortiments auf Produkte mit spinngefärbtem Polyester umgestellt. Das führt nicht nur zu einem geringeren ökologischen Fußabdruck, sondern auch zu längerer Produktlebensdauer und reduzierten Reinigungskosten.

Produktion unter eigener Verantwortung
Transparenz beginnt dort, wo Kontrolle möglich ist. Deshalb setzt Blåkläder auf eigene Werke in Sri Lanka und Myanmar – ausgestattet mit Solarpanelen, Regen­wassernutzung, energieeffizienter Klimatechnik. Die jüngste Näherei erhielt 2023 die LEED-Zertifizierung in Platin. In Sri Lanka wurde ein kompletter Standort modernisiert, um Wasserverbrauch und Abfall deutlich zu senken.
Auch in der Logistik und Verpackung zeigen sich Ansätze zur Ressourcenschonung. Verpackungsmaterialien werden möglichst effizient eingesetzt, sortenrein recycelt oder mehrfach verwendet. Transportprozesse werden so geplant, dass Leerfahrten minimiert und Lieferungen gebündelt werden können. Ziel ist es, auch entlang der Lieferkette konkrete Beiträge zur CO2-Reduktion zu leisten – durch pragmatische, überprüfbare Maßnahmen statt symbolischer Initiativen.

Verantwortung, die über das Produkt hinausgeht
Wer Kleidung fertigt, trägt Verantwortung – nicht nur für Material und Schnitt, sondern auch für Menschen und Regionen. Mitarbeitende in den eigenen Werken arbeiten unter fairen Bedingungen. Geregelte Arbeitszeiten, sichere Arbeitsplätze, tarifnahe Löhne und kostenlose medizinische Versorgung gehören zum Standard.
Auch Bildung spielt eine zentrale Rolle: Zwar ist der Schulbesuch in Sri Lanka und Myanmar kostenlos, doch die Schulbücher müssen bezahlt werden. Diese Kosten übernehmen die Produktionsstätten – und überreichen die Materialien jedes Jahr im Rahmen einer feierlichen Bücherspende-Zeremonie an die Kinder der Beschäftigten.
Darüber hinaus haben kulturelle Feiertage an den Standorten einen hohen Stellenwert. Sie werden bewusst gemeinsam gefeiert, um das Gemeinschaftsgefühl zu stärken und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz zu fördern.
Auch die Lieferkette ist Teil dieser Verantwortung. Blåkläder arbeitet mit einer vergleichsweise kleinen Zahl ausgewählter Zulieferer zusammen – oft über viele Jahre hinweg. Diese langfristigen Partnerschaften ermöglichen ein hohes Maß an Transparenz und Kontrolle. Neue Lieferanten verpflichten sich zur Einhaltung einer unternehmensinternen Restricted Substances List, die deutlich über gesetzliche Vorgaben hinausgeht. In Europa finden regelmäßige Audits statt. Ergänzend dazu werden Schulungen zum Chemikalienmanagement und umweltgerechter Fertigung angeboten – nicht als einmalige Maßnahme, sondern als kontinuierlicher Standard.
Nachhaltigkeitsprozesse werden am Hauptsitz in Schweden zentral gesteuert. Von dort aus werden Standards entwickelt, Maßnahmen koordiniert und Fortschritte entlang der gesamten Wertschöpfungskette überwacht. Der Fokus liegt darauf, praktikable Lösungen für reale Bedingungen zu schaffen – fundiert, überprüfbar und kontinuierlich weiterentwickelt. Nachhaltigkeit als Systemleistung – nicht als aufgeklebtes Etikett.

Schlussgedanke
Weniger Kleidungsstücke – dafür bessere. Weniger Behauptungen – dafür überprüfbare Wirkung. Eine Naht ist ein technisches Detail. Und ein Versprechen. Bei Blåkläder beginnt dort die Verantwortung.

Jan Gundermann, Managing Director Germany / Geschäftsführer Deutschland bei Blåkläder