- Fachbeitrag
Ergonomie ist nun spürbar, erlebbar und nutzbar - auch digital
2. Blick auf die Themen bei den Tagen der Ergonomie 2024 in Friedrichshafen
GERT sorgt für altersgerechte Arbeitsplätze und Arbeitsumgebungen
Nora Johanna Schüth, M. Sc, Wissenschaftliche Mitarbeiterin Fachbereich Arbeits- und Leistungsfähigkeit beim Ifaa – Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V. sprach in ihrem Vortag über GERT. GERT steht dabei für Gerontologischer Testanzug. Dieser GERT soll dabei zeigen, wie ältere/alte Mitarbeiter ab einem gewissen Alter körperlich eingeschränkt sind. Dabei geht es nicht um die Abnahme der Fähigkeiten generell, sondern um die Abnahme in der Motorik, Sensorik oder der Optik. GERT zeigt jüngeren Menschen und Führungskräften wie sich das zunehmende Alter auf diese Faktoren auswirkt.
„Durch das Tragen eines gerontologischen Testanzugs oder Alterssimulationsanzugs besteht für jüngere Menschen die Möglichkeit typische Einschränkungen älterer Menschen zu erleben. Einsatzmöglichkeiten“, so Schueth. „Im Rahmen des Workshops wurden Übungen zu administrativen und technischen Aufgaben durchgeführt, bei denen die Teilnehmer einen Gerontologischen Alterssimulationsanzug getragen haben“, so Schueth weiter. Die Teilnehmer beurteilten den Einsatz des Gerontologischen Arbeitssimulationsanzuges vor allem bei jüngeren Mitarbeitern als „sinnvoll“. Bei Auszubildenden könnte dadurch ein „größeres Verständnis für ältere Kollegen und die Arbeit in altersgemischten Teams erlangt werden.“
Wichtig für junge Leute und Führungskräfte
Auch die Reflektion der eigenen Arbeitsweise und Auswirkungen auf den eigenen zukünftigen Gesundheitszustand werde damit angestrebt. „Weitere Einsatzmöglichkeiten gibt es bei der Planung von neuen Produktionsanlagen, an Gesundheitstagen, insbesondere zur Sensibilisierung von männlichen Beschäftigten zur Thematik der Gesundheitsvorsorge, und bei Schulungen zur Arbeitssicherheit“, erläuterte Schueth, die Teile von GERT zu den Tagen der Ergonomie mitgebracht hat. So war es für die Teilnehmer möglich GERT auszuprobieren.
VR mit vielen Möglichkeiten für den Arbeitsschutz
Prof. Dr.-Ing. Stefan Pfeffer, Studiendekan Human Factors (M.Sc.) mit Professur Technische Produktgestaltung an der Hochschule Furtwangen, zeigte in seinem Vortrag zur Virtuellen Ergonomie mit dem Thema „Virtuelle Absicherung der Arbeitsmittel- und Arbeitsplatzgestaltung in VR“ wie die Virtual Reality (so VR ausgeschrieben) eingesetzt werden kann. Virtuelle Ergonomie bezeichnet die rechnergestützten Methoden und Werkzeuge zur ergonomischen Gestaltung von Produkten, Arbeitssystemen und Prozessen. Unter dem Begriff werden Software-Werkzeugeoder Teile davon zusammengefasst, mit denen arbeitswissenschaftliche Ziele verfolgt und ergonomische Gestaltungen durchgeführt werden können“, so wissenschaftliche Definition, die Pfeffer heranführte. VR wird eingesetzt, um ein „möglichst realitätsnahes Nachbilden von Geschehen der Wirklichkeit“ zu schaffen, durch „Abstraktion ein Modell zu erschaffen, an dem zielgerichtet experimentiert wird.“
Man wolle Erkenntnisse über Systeme erlangen, die „in der Realität nicht oder nur mit höherem Aufwand zu erörtern wären“, so Pfeffer. Unter anderem könne man eine Virtuelle Bewertung von Arbeitsmittel-Konzepten hinsichtlich des Gewichts und der Oberflächenhaptik durchführen. Das Problem dabei: Für Nutzer sei die VR „noch absolutes Neuland“ und es gebe beim Fühlen der Bewegungen und Handlungen noch ein großer Unterschied zur tatsächlichen Realität.
Zukunftsthema Mensch-Roboter-Kollaboration
Dipl.-Ing/M.Sc. Mehrach Saki, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Maschinenbau/Kognitive Gestaltung an der Uni Kassel präsentierte (erste) Ergebnisse zur „individuellen und anthropomorphen Bahnplanung in der Mensch-Roboter-Kollaboration“. Grundergebnis dabei ist: Wenn der Mensch selbst oder besser steuern kann, wann der Roboter agiert, dann ist das Verhältnis in der Mensch-Roboter-Kollaboration besser. Eine Individualbahn erzeuge höhere Vertrauenswerte (also das „Vertrauen“ des Menschen in den Roboter als Kollege“).
„Bewegung, Geschwindigkeit und die sichere Kooperation würden, so Saki, besser bewertet. Bei der PTP-Bahn (Point-to-Point-Programmierung) sei eine „plötzliche Veränderung der Geschwindigkeit des Kopfes bei Roboterstart erkennbar.“
Die Anzahl der Fixationen (Das „Starren“ auf den Roboter-Arm) sei geringer bei der Individualbahn, so die Ergebnisse. Letztendlich sollen mit den Ergebnissen die Bahnplanungen bei den Kollaborationen erleichtern, da dieser Bereich in der Produktion unter anderem durch den demografischen Wandel in den Vordergrund rücken werde.
Hinweis: In der kommenden Ausgaben gibt es weitere Themen, die auf den Tagen der Ergonomie eine Rolle spielten.
Text: Daniel Faust/Quellen: Referenten