1948 gründet Xaver Haimerl das Unternehmen, die Haimerl Xaver Schuhfertigung, kurz Haix und produziert verschiedenste Wander- sowie Arbeitsstiefel für andere Marken. 1992 entwickelt sein Sohn Ewald Haimerl, der nebenbei auch der stellvertretende Kommandant der Mainburger Feuerwehr ist, den funktionellen Feuerwehrstiefel aus Leder, weil das vorhandene Schuhwerk aus Gummi den Einsatzansprüchen nicht zu vollster Zufriedenheit gerecht werden kann. Die Produktpalette erweitert sich im Laufe der Zeit, so dass die Haix Gruppe heute einer der Produzenten hochwertiger Hightech-Schuhe für Soldaten, Polizei und andere Einsatzkräften ist. Mit 2.300 Mitarbeitern werden gut 1,7 Millionen Schuhe in den Standorten Mainburg, Kroatien und Serbien hergestellt. Mit der Übernahme des Berufsbekleidungsherstellers Gustav Wahler 2020 rundet man die 2017 eingeführte Bekleidungskollektion Haix Wear ab. Nachhaltigkeit liegt schon immer in der Philosophie des Unternehmens verankert. Im Gespräch mit dem ErgonomieMarkt erläutert Christian Rebrovic, Leiter Direktionsbereich Verkauf B2B International, wie tief das Thema gelebt wird.
ErgonomieMarkt: Herr Rebrovic, Nachhaltigkeit kann in den verschiedensten Bereichen eines Unternehmens greifen und umgesetzt werden. Die drei Säulen Umweltmanagement, wirtschaftliche Aspekte und soziale Verantwortung sind jedoch nicht immer einfach in eine Unternehmensphilosophie zu integrieren. Wie sieht es in dieser Hinsicht bei Haix aus?
Christian Rebrovic: Bei Haix ist die Nachhaltigkeit schon seit jeher in der Firmenphilosophie verankert. Wir fertigen Schuhe, die teilweise extrem hohen Belastungen widerstehen müssen und von denen der Träger erwartet, dass sie möglichst lange halten. Indem wir langlebige Produkte produzieren, ist das im Grunde genommen auch schon ein Baustein für nachhaltiges Handeln. Der zweite Schritt, wenn man auf den Gebrauch unserer Produkte schaut, bietet die Reparierbarkeit. Alle unsere Schuhe können neu besohlt werden – dafür unterhalten wir ein Repaircenter in Mainburg – und teilweise lassen sich sogar einzelne Lederteile ersetzen. Das ist zum Beispiel gerade im Bereich Feuerwehr ein wichtiges Kaufargument, da das Budget vieler Feuerwehren keine großen Sprünge zu lässt. Bis heute haben so über 10.000 Schuhe eine Aufwertung erfahren. Wichtig ist es natürlich auch, die Mitarbeiter von Anfang an auf dem Weg mitzunehmen. Jeder Mitarbeiter wird ermuntert, die Entwicklungen im Unternehmen mitvoranzutreiben, sei es durch eigene Ideen oder allein durch das Miteinander am Arbeitsplatz. Ein Ergebnis aus den Anstrengungen der letzten Jahre ist die „Footprint AG“. Sie gestaltet das Thema Nachhaltigkeit intern und eines der ersten Projekte war die Einführung von Wasserspendern sowie eigenen, wiederverwendbaren Flaschen für jeden Mitarbeiter und auch der Aufbau eines Insektenhotels. Das klingt vielleicht eher weniger bedeutend, gehört aber zu den vielen Dingen, die Nachhaltigkeit in Unternehmen ausmachen können.
EM: Der ökologische Fußabdruck trägt als ein wichtiger Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategien eine schwere Last. Wie konnte bei Haix in bestimmten Bereichen dieser entscheidend minimiert werden?
Christian Rebrovic: Haix produziert ausschließlich in Europa. Unser Slogan „Made in Europe“ ist nicht nur ein Lippenbekenntnis, es ist ein Leitgedanke, den wir von den Ausgangsmaterialien bis zum fertigen Produkt sehr ernst nehmen. Rund 98 Prozent aller Materialien kommen aus Europa. Dazu gehört gleichermaßen die Zusammenarbeit mit Lieferanten, die sich die hohen Produktionsstandards von Haix zu eigen gemacht haben, der fast völlige Verzicht auf Rohmaterialien aus Asien sowie die Entscheidung für eine innereuropäische Produktion. Das ist nicht nur ein Alleinstellungsmerkmal in der Branche, sondern hat auch entscheidende Auswirkungen auf unseren CO2-Footprint. Betrachtet man die Transportwege, so kann man auch in diesem Bereich einiges einsparen. Wir versuchen, jeden Transport vom Aufwand her zu optimieren, was ebenfalls für die notwendige Verbindung von Mensch und Material zwischen den Werken gilt. Hier werden Termine kombiniert und Fahrgemeinschaften gebildet.
EM: Wo und wann hat Haix die ersten Schritte unternommen, um die wichtigen Ressourcen Energie und Wasser zu schonen?
Christian Rebrovic: Mit dem Neubau des Werkes in Kroatien und der Modernisierung in Mainburg wurden 2009/2010 auch erneuerbare Energien bedacht und PV-Anlagen installiert. Allein am Standort Mainburg wurden in den letzten zwölf Jahren drei Photovoltaikanlagen auf dem Verwaltungsgebäude und dem Logistikzentrum in Betrieb genommen. Die Gesamtleistung beträgt inzwischen 200 KWp und eine vierte Anlage ist in Mainburg in Planung. Gut 75 Prozent des erzeugten Solarstroms fließen in Mainburg direkt in den Eigenverbrauch, so dass wir, flankiert durch weitere Maßnahmen, in Zukunft energetisch autark produzieren können. Aktuell wird der Rest ins Netz eingespeist. Insgesamt wurde allein im Jahr 2022 durch eine Vielzahl von Maßnahmen, wie der Austausch der Beleuchtung, schätzungsweise die Energie von min. 150.000 kW/a eingespart, was dem Energieverbrauch von etwa 30 Haushalten entspricht. Die Installation einer weiteren Photovoltaikanlage am Standort Kroatien mit der neuesten Solar-Panel-Generation befindet sich derzeit in der Planungsendphase. Auf 3100 Quadratmeter Modul-Fläche sollen künftig aus 1.400 Panels bis zu 630 KWp Strom fließen. Unsere Fahrzeugflotte wird sukzessive auf E-Fahrzeuge umgestellt und wir bieten unseren Mitarbeitern ein Fahrradleasing für die Fahrt zum Arbeitsplatz an. Weitere Themen sind die Wärmerückgewinnung und das Wassermanagement.
EM: Wie sehen die Pläne für die Zukunft aus, wie weit kann man Nachhaltigkeit noch „ausreizen“?
Christian Rebrovic: Wir wollen kein Greenwashing betreiben, denn das wäre der falsche Weg. Alle Themen sollen ehrlich und authentisch sein. Das zeigen frische Ideen wie das Upcycling mit den Haix-Azubis oder die Zusammenarbeit mit Studierenden zu Themen wie „Nachhaltiges Leder“ und „Pfandsystem für Schuhe“. Es geht eben darum, sich auf Produkt-, Prozess- und Unternehmensebene innovativ weiterzuentwickeln. Aber Nachhaltigkeit hat in gewisser Weise auch seine Grenzen, wenn wir beispielsweise über die Verwendung recycelter Materialien sprechen, denn diese haben manchmal nicht die benötigten Eigenschaften für das Produkt. Doch darauf achten wir bei Produktentwicklung und der Produktion. So gibt es mittlerweile eine Einlegesohle aus recycelten PU und an vielen unserer Schuhe wird die Lederfersenkappe aus Zuschnittresten gefertigt. Perspektivisch gesehen werden wir uns immer alle Bereiche ansehen, viel ausprobieren und dann das Bestmögliche an Lösungen einsetzen, die dem grundsätzlichen Anspruch – Produkte für Menschen zu fertigen, die mit außergewöhnlichen Taten anderen Menschen helfen – gerecht werden.
Das Interview führte Mark Schmiechen